2. Ein Bericht unserer Gartenfreunde Jürgen Semlow und Jürgen Möckel

Liebe Gartennachbarn, liebe Freunde,

 

nun liegt es also an uns, die Anfänge unseres Vereins zum Nachlesen in unserer Gartenchronik zu Papier zu bringen. Ein lückenloser Bericht kann es ja leider nicht mehr werden. Es fehlt immer eine Darstellung des Zeitraumes von November 1987 bis zum 24. Mai 1990. Das sind die Jahre, die der Gartenfreund Hans-Günter Meienberg als Vorsitzender mitgeprägt hat. Da er zwischenzeitlich aus dem Verein ausgeschieden ist, haben wir uns entschieden, an den ersten Teil anzuschließen.

 

Wer von den „Alteingesessenen“ noch dabei ist, wird sich vielleicht an die erste Mitgliederversammlung unseres Vereins in der Nachwendezeit erinnern, zu der wir bis spät in die Nacht zusammensaßen. Der Grund lag ganz einfach darin, dass der Gartenfreund Meienberg nicht nur den absolut unumgänglichen Prozess der Vereinsbildung erläuterte und wir die gerade noch rechtzeitig fertig gewordene neue Satzung zu beschließen hatten, sondern zum Schluss seines Referats erklärte, dass er selbst und sein bisheriger Vertreter für diese Aufgabe nicht mehr zur Verfügung stehen. Ohne Vereinsvorsitz keine Vereinsbildung und ohne Verein kein Bestandsschutz für unsere Anlage. Das war die Zwangssituation, in der wir uns plötzlich befanden. Um doch noch zu ein paar wenigen Stunden Schlaf zu kommen, beschlossen wir beide, die Herausforderung anzunehmen. Wir haben in völliger Eintracht die Aufgabentrennung in Vorsitz und Stellvertretung nach innen nie vorgenommen. Wo der eine war, war auch der andere von uns beiden entweder dabei oder nicht weit weg oder umfassend informiert. Ein Doppelpack gewissermaßen. Und nur, weil wir uns immer aufeinander verlassen konnten, haben wir mit der Aufgabe und den Anforderungen klar kommen können.

 

Eine Aufgabe zu übernehmen, ist das eine. Neben der „normalen“ Arbeit, den Verein quasi zu verwalten, musste es natürlich in der Entwicklung vorwärts gehen. Stillstand ist bekanntlich gleichbedeutend mit Rückschritt. Das letztere wollten wir erfolgreich verhindern, das war unsere Devise. Und ich denke, dass wir in dieser Zeit, so kompliziert sich die Verhältnisse auch manchmal gestaltet haben, in vielen Fällen auch erfolgreich waren. Dazu gehörten natürlich auch alle im Team, die von Beginn an mit uns am gleichen Strang zogen. Das waren insbesondere als Kassiererin Martina Jäckel und als Schriftführerin Barbara Meyer. Als Sachverständige kamen hinzu Wolfgang Buchholz (E-Anlagen), Karl-Heinz Schulze (Bau), Karl-Heinz Schemme (Wasser), Joachim Müller (Rechtsfragen), Monika Weiß (2. Kassiererin) sowie Ulrich Zschockelt und Rosi Schemme (Kassenprüfer). Viele andere haben ebenfalls ohne viel Worte mit angepackt und tun das teilweise auch heute noch.

 

Mit der Organisation unserer Sommerfeste, ob nun im Kreiskulturhaus „Peter Edel“, auf unserem Parkplatz oder im Karower Kulturhaussaal, haben wir eine bestehende gute Tradition fortgeführt. Im Haus am Köllnischen Park haben wir mit zahlenmäßig großer Unterstützung durch unsere Düsseldorfer Gartenfreunde das 10-jährige Bestehen unserer Anlage gefeiert. Für die Großen wie die damals noch zahlreichen kleinen Gäste war das Sommerfest immer der Höhepunkt der Gartensaison. Gerade in Vorbereitung auf die Kinderfeste waren immer umsetzbare neue Ideen zur Begeisterung unserer Kinder gefragt. Hochachtung haben wir auch heute noch vor der betreuerischen Leistung dieser „Highlights“, wie wir heute sagen würden. Für unsere Mitglieder waren die Feiern eine gute Gelegenheit zum Austausch untereinander und vertiefte den Vereinsgedanken weiter. Aber auch unsere Mitgliederversammlungen, die wir kurzerhand auch schon mal auf dem Parkplatz einberufen haben, wurden rege besucht. Hier wurde im Anschluss an das kulinarische Erlebnis ebenso wie beim Sommerfest fleißig das Tanzbein geschwungen.

 

Gartenbegehungen sind ein weiteres Stichwort. Nicht bei allen Gartenfreunden, wo wir mit diesem Ziel auftauchten, bekamen wir Zustimmung. Meistens war dort zum wiederholten Male etwas zu beanstanden, weil gegen bestehende Regelungen verstoßen wurde. Der positive Aspekt solcher Rundgänge durch unser Anlage war aber überaus wichtig. Hier ging es um Erfahrungsaustausch z.B. über Pflege und Schnitt von Gehölzen, Einhaltung von Ordnung und Sauberkeit und nicht zuletzt um die Ermittlung vorbildlicher Kleingärtner. Diese wurden im Nachgang in einem angemessenen Rahmen gewürdigt. Auch in mit der Organisation und der Durchführung der unzähligen gemeinsamen Arbeitseinsätze gelang es, den Vereinsgedanken zu vertiefen.

 

Um allen Eventualitäten zu begegnen, die bei der Abrechnung der Pacht und in Zusammenhang mit teilweise vermuteten Grundstücksverkäufen standen, haben wir seinerzeit die Anlage in Eigenregie vermessen. Seit dem sollte jedes Mitglied wissen, dass sein Anteil an der eigenen Parzelle und an den Gemeinschaftsflächen korrekt ermittelt wurde. Die Grundstücksproblematik besteht, wie jeder in den vergangenen Ausgaben des „Berliner Gartenfreund“ nachlesen konnte, aktueller als je zuvor. Hoffen wir, dass der derzeitige Vorstand in Verbindung mit dem Bezirksverband die Risiken reduzieren kann. Eine Erhöhung der derzeitigen Pacht auf das 15- bis 20-fache würde für die meisten von uns das sichere „aus“ bedeuten. Belastungen von ca. 4.000 € jährlich können nur noch die wenigsten tragen.

 

Die Finanzierung des Vereins war ein weiteres Problem, welches dringend gelöst werden musste. Einnahmequellen für Zuschüsse u.ä. waren weggebrochen oder in der Weitergewährung unsicher geworden. Beträge wurden in Rechnung gestellt, die früher nicht oder nur in geringem Maße pauschal abgeführt wurden. Tarife, die auf Grund der Sozialpolitik in der DDR künstlich tief gehalten wurden, sind in 100%-Schritten erhöht worden. Die Währungsumstellung auf DM hatte eine Halbierung des Vereinsvermögens zur Folge. Eine Zahlungsunfähigkeit des Vereins hätte zumindest zu einer Zwangsverwaltung, wenn nicht zur Auflösung des Vereins mit all den bereits beschriebenen Konsequenzen geführt. Zur Sicherstellung einer Abrechnung nach Verbrauch war es erforderlich, generell Zähler zu installieren. Das haben wir durch Beschluss in einer weiteren Mitgliederversammlung vom 18.08.1990 gewährleistet. Die Theorie war das eine, die Umsetzung eine andere Sache. In einigen wenigen Fällen mussten wir, um dieser Beschlusslage Nachdruck zu verleihen, schon mal die Energiezuführung unterbrechen.

 

Eine Vielzahl von neuen Rechtsvorschriften gab es umzusetzen und/oder zu beachten. Die Bezirksdelegiertenversammlungen waren teilweise zu Schulungsveranstaltungen umfunktioniert, in anderen Fällen war es erforderlich, separate Abendveranstaltungen des Bezirksverbandes zu besuchen. In diesem Zusammenhang war auch der Beitritt zum gemeinsamen Landesverband Berlin vorzubereiten, was dann am 01.04.1991 vollzogen wurde. Innerhalb der Zeitspanne bis Oktober 1990 galten Rechtsvorschriften Ost und West nebeneinander. Die neuen Vertragsverhältnisse erforderten rechtlich gesehen neue Pachtverträge – das musste allen Mitgliedern verständlich klargemacht werden. Die Vereinssatzung musste mit dem Bundeskleingartengesetz in Übereinstimmung gebracht werden. Dass da jemand den vollen Durchblick hatte, wagen wir zu bezweifeln. Aber auch in dieser Situation war auf das erweiterte Gremium mit allen seinen Fachleuten Verlass. Seit dem 11.09.1990 schließlich sind wir nun ein e.V. Einen Tag zuvor sind wir dem damaligen „Bezirksverband der Garten- und Siedlerfreunde“ (VGS) Berlin-Weißensee beigetreten. Die aus juristischen Gründen erforderlichen Änderungen des Statuts haben wir auf der folgenden Jahresversammlung am 23.02.1991 zur Beschlussfassung vorgelegt.

 

Um in allen kleingärtnerischen und Verwaltungsdingen über den Tellerrand zu schauen (Motto: Erfahrungsaustausch ist die billigste Investition!) haben wir uns eine Partneranlage gesucht und in der Düsseldorfer Anlage „Heinrich Förster“ gefunden. Aus der Zusammenarbeit haben wir wirklich viele gute und vor allem praktische Dinge mitnehmen können. Daneben ist eine Vielzahl persönlicher Kontakte geknüpft worden. Einige davon haben sich sogar bis in die heutige Zeit erhalten. Der Umgang miteinander war von echtem Interesse, gegenseitiger Unterstützung und vor allem ohne Anflüge von Überheblichkeit geprägt. Der Höhepunkt während unserer Zeit war die Ausgestaltung unserer Feierlichkeiten zum 10-jährigen Bestehen unserer Anlage durch die Düsseldorfer Freunde. Alle, die das erleben konnten, schwärmen noch heute von diesem Jubiläum!

 

Um die Kosten für den Verein und für jedes einzelne Mitglied zu senken und um immer wieder festgestellte Schandflecke verschwinden zu lassen, haben wir die „Randflächen“, das sind die heutigen Parzellen 31a, 42a, 43a, 50a, 58a, 66a und 73b parzelliert und an Bewerber laut unserer Warteliste vergeben. Gleiches passierte mit der Fläche, die ursprünglich für unser Vereinshaus vorgesehen war. Heute ist das die Parzelle 73a. Damit konnten immerhin 8 Bewerberfamilien mit dem ersehnten Stück Land ausgestattet werden und der Schönheit der Anlage bekam es obendrein sehr gut. Als Vereinsentscheidung in der Vergabe von Parzellen waren das die letzten, die wir vornehmen konnten. Mit den rechtlichen Veränderungen nach dem 03.10.1990 übernahm diese Aufgaben dann der Bezirksverband.

 

Die laufende Geschäftsführung haben wir ja weiter oben bereits angesprochen. Das hört sich so einfach an, dass wir gerade deshalb noch ein paar Anmerkungen dazu machen möchten. Es gehört schon einiges an Enthusiasmus dazu, monatlich mehrfach während der Freizeit zusammenzukommen, um die Meinungsbildung zu anstehenden Schwerpunkten vorzunehmen, Themen vor- und nachzubereiten, sich in kleinerer Runde auch mal zwischenzeitlich zusammenzusetzen, Gespräche zu führen, an den Vorstand herangetragenen Zwistigkeiten zu schlichten, Aushänge zu fertigen und im Anschluss auch in den Schaukästen anzubringen, Termine beim Bezirksverband wahrzunehmen... Die Aufzählung ließe sich noch seitenweise fortführen. Was wir damit zum Ausdruck bringen wollen, ist, dass an dieser Aufgabe weit mehr an Zeit und Verantwortung hängen, als der einzelne zu sehen bekommt. Wir wollen mit dieser auszugsweisen Aufzählung eine Lanze brechen für alle, die sich trotz vermutlich ausreichend eigener Probleme die Zeit nehmen, um für die Gemeinschaft tätig zu werden, ohne dafür Anerkennung in irgend einer gebührenden Form zu ernten.

 

Eine Sache ist uns bei der Sichtung der Unterlagen aus jener Zeit aufgefallen: die Einhaltung des Datenschutzes wurde noch nicht mit der heutigen Verbissenheit betrieben. Denn mit der Problematik von Einbrüchen haben wir uns leider zu jeder Zeit beschäftigen müssen. Um die gegenseitige Information im Schadensfall zu erleichtern, haben wir die mit Hilfe der ersten Computer!!! erstellten Mitgliederlisten, die natürlich auch die Telefonnummern enthielten, verteilt. Die Resonanz darauf war gut. Ob wir uns auf eine solche gute Sache vielleicht anlässlich unserer nächsten Mitgliederversammlung wieder verständigen können? Wir würden es gut finden und manch anderer sicher auch.

 

Abschließend müssen wir selbstkritisch eingestehen, dass wir natürlich weder für die weiteren 1000 kleinen Dinge des Kleingärtnerzusammenlebens einen Termin noch eine Lösung hatten. Das ist aber zum einen sicher nicht so schlimm, weil es uns immer um die Umsetzung der Aufgaben mit höchster Priorität ging und zum anderen von der Mehrheit auch sicher nicht unbedingt erwartet wurde. Wenn wir heute durch unsere weiter verschönte Anlage gehen, werden wir als Nachbarn wie alle anderen auch freundlich gegrüßt und denken, unseren Beitrag geleistet zu haben. Noch dazu, wenn man bedenkt, dass unsere Wahlperiode ja ein Jahr länger andauerte, als ursprünglich geplant war. Zum regulären Termin der Neuwahlen fand sich bekanntermaßen niemand, der freiwillig bereit war, unser Werk fortzuführen. Erst 1994 waren personelle Veränderungen möglich. Die Aufgaben von Martina Jäckel, unserer aktivsten „Mitstreiterin“ im Vorstand, übernahm die Gartenfreundin Gisela Radzka. Damit war unsere Martina in der Lage, sich der Wahl zur Vorsitzenden unseres Vereins zu stellen. Abschließend sei gerade ihr für ihre ständige Bereitschaft und unermüdliche Aktivität in der gemeinsamen Vorstandsarbeit noch einmal ganz herzlich gedankt.

 

Ihr Jürgen Semlow und Jürgen Möckel.